Tragikomödie von Heinrich von Kleist
Regie: Stefan Vincent Schmidt
„Das ist das witzig-anmutvollste, das geistreichste,
das tiefste und schönste Theaterspielwerk der Welt“ - Thomas Mann


Wollen Sie Thomas Mann widersprechen und sich selbst eine Meinung über „Amphitryon“ von Heinrich von Kleist bilden?
Diese dramatische Komödie der griechischen Mythologie stellt die Protagonisten der aktuellen „#MeToo“-Debatte in den dunkelsten Schatten – denn kein Geringerer als Gott Jupiter selbst verführt in der Maske des Amphitryon dessen schöne Gattin Alkmene.
Der brave Diener Sosias und sein, einem göttlichen Flirt nicht abgeneigtes Weib Charis werden derweil vom Gott Merkur auf die Schippe genommen.

Ob gottgewollt oder nicht – es bleibt keiner ungeschoren, jeder verliert sich, jedwede Identität wird auf dem Scheiterhaufen der göttlichen Allmacht geröstet. Und doch steht selbst Gott Jupiter am Ende mittendrin und gleichzeitig mit dem Rücken zur Wand. Ihn rettet nur der Rückzug auf den Olymp.
Mit einem „Ach“ endet diese Tragikomödie um den mythologischen Missbrauch von Machtpositionen, dessen Inhalt nichts an Aktualität eingebüßt hat.
Zuletzt nochmals Thomas Mann: „Man soll mich wissen lassen, wenn eine solche Aufführung ist…ich reise weit um sie zu sehen.“
Und Sie?
Feature zur Vorpremiere von Radio Regenbogen zum anhören:
(Das Original finden Sie hier: http://radioregenbogen.de/upload/RR-0917_Amphitryon_PC.mp3)
Weitere Bilder finden Sie in der Galerie der Bilder von Albert Aschl:
https://photos.app.goo.gl/XKu18cmxK9pvnhJb6
Und in der Galerie der Bilder von Günther Stranzinger:
https://photos.app.goo.gl/cjMHrxbCPmSvHt499
(Das Original finden Sie natürlich hier: http://radioregenbogen.de/upload/RR-0924_KL_Amphitryon_PC.mp3
OVB Rosenheim vom 27.09.2018
Mit einem geschickten Kniff...
lässt Regisseur Stefan Vincent Schmidt im TAM OST seine Inszenierung von Heinrich von Kleists „Amphitryon“ beginnen: Er leiht sich den Prolog aus Molières gleichnamiger Komödie.

Aber nicht nur, dass auch das Zwiegespräch zwischen Götterbote Merkur (Klaus Einsele) und der Göttin der Nacht (Daniela Mayer) ein ebenso vergnüglicher wie eleganter Schlagabtausch ist, es weist dem in antiker Mythologie vielleicht nicht bewandertem Zuschauer einen Pfad durch die Handlung: Es geht um eine Ehebruchsgeschichte als Verwechslungskomödie.
Alkmene erwartet die Rückkehr ihres Gatten Amphitryon, des siegreichen Feldherren der Thebaner. Doch in der Nacht vor dessen Ankunft schleicht sich Göttervater Jupiter in Gestalt Amphitryons in Alkmenes Schlafgemach. Als Alkmene am nächsten Morgen ihrem tatsächlich heimgekehrten Gatten von der vermeintlich gemeinsamen Liebesnacht erzählt, fühlt der sich von seiner Frau betrogen.
Ähnliches widerfährt Sosias, dem Diener des Amphitryon. Ihm raubt Merkur die Identität. Zwar verführt der Götterbote in Gestalt von Sosias nicht dessen Frau Charis, bringt sie aber durch sein beleidigendes Verhalten so auf, dass sie ihrem Mann die Hörner aufsetzen will.

Das komödiantische Zentrum des Stücks bildet der köstliche Schlagabtausch zwischen Sosias (Klaus Schöberl, herrlich einfältig) und Merkur (Klaus Einsele, überzeugend grausam-schlitzohrig).
Gabriela Schmidt ist nicht die keifende Gattin, sondern eine empfindsame Charis, pendelnd zwischen einfühlsamer Dienerin und verzweifelnd an ihrem Klotz von Ehemann.
Das ist lustig und vergnüglich. Doch Kleist geht weit über Molière hinaus und stellt die Frage: Was bleibt vom Menschen, nimmt man ihm seinen Namen, die Liebe, die ihm entgegengebracht wird, seine Stellung in der Gesellschaft? Während sich Sosias bauernschlau in sein Schicksal fügt, kann sein Herr Amphitryon dies nicht. Oliver Schmid geht glaubwürdig den Weg von Verwunderung über Unglauben und bis zur Verzweiflung, als seine Frau ihn bei der Gegenüberstellung mit Jupiter nicht erkennt. Sabine Herrberg spielt eindrucksvoll diese Alkmene, wandelnd auf dem Grat zwischen tugendhafter Gattin und verführerischer Geliebter.

Jupiter ist die wohl vielschichtigste Figur: Von Langeweile getrieben, sucht er das erotische Abenteuer. Großspurig und charmant ist da Helmut Huber als verführerischer Göttervater. Doch er will mehr als eine Liebesnacht: Er möchte geliebt werden. Doch Alkmenes Liebe gilt ja nicht ihm, Jupiter, sondern ihrem Ehemann, dessen Gestalt Jupiter angenommen hat. Ein Zwiespalt, dem auch der Göttliche nicht entkommt. Und so steht Helmut Huber schließlich auf der Bühne und winselt um die Liebe der Frau. Doch letztlich zieht er kaltlächelnd das göttlich-grausame Spiel durch. Am Schluss, so viel sei verraten, löst sich alles auf, jeder ist wieder er selbst. Doch nichts ist gut: Zurück bleiben Menschen, die in ihrer Selbstgewissheit bis ins Mark erschüttert sind.
Das Ensemble des TAM OST kommt mit einem äußerst reduzierten Bühnenbild (Stefan Vincent Schmid) aus: ein roter Teppich, eine Palasttür, eine umgestürzte Säule und eine Säule aus herabhängenden Fäden – und setzt mit Erfolg auf seine schauspielerische Stärke. In den komödiantischen Passagen funkeln die Kleist‘schen Dialoge wie in einer Screwball-Komödie, in den tragischen Momenten teilt man die Verzweiflung der Figuren. Die Zuschauer dankten für einen unterhaltsamen wie klugen Theaterabend mit langem Applaus.
Bilder im Google Fotoarchiv
PREMIERE: Sa 22. SEPTember 2018
WEITERE TERMINE
Fr/Sa 28/29 September
So 30 September
Sa 6 Oktober
So 7 Oktober
Fr/Sa 12/13 Oktober
So 14 Oktober
Fr/Sa 19/20 Oktober
So 21 Oktober
Spielbeginn:
Freitags und Samstags 20 Uhr,
Sonntags 17 Uhr
Einlass:
ca. 15 Min. vor Spielbeginn
Im ENSEMBLE TAM OST
Regie: | Stefan Vincent Schmidt |
Assistenz: | Marianne Eckardt |
Bühne: | Klaus Lüders |
Licht/Ton: | Gerhard Sellmair |
Kostüm: | Alexander Zinn |
Fotografie: | Renate M. Mayer Günther Stranzinger Albert Aschl |
Plakat und Programmlayout: | Alexander Schoenhoff |
Übersetzung des Vorspiels | Fritz Rumpf |
Schauspieler | als |
Sabine Herrberg | Alkmene |
Daniela Mayer | Göttin der Nacht |
Gabriela Schmidt | Charis |
Klaus Einsele | Merkur |
Helmut Huber | Jupiter |
Oliver Schmid | Amphitryon |
Klaus Schöberl | Sosias |
Gerhard Sellmair | Argatiphontidas |
Christian Swoboda | Feldherr |
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